Mikis Theodorakis: Axion Esti

Christoph Rademann dirigierte "Axion Esti" im Kulturpalast

Kommentar: Peter Zacher


Dresdner Neueste Nachrichten, 21. 04. 98

Hätte nicht Andreas Jäpel, früher Sopransolist des Kreuzchores und derzeit Sänger am Wittenberger Theater, das eigentlich Unmögliche möglich gemacht, die Aufführung von Theodorakis' Volksoratorium "Axion esti" hätte wohl ausfallen müssen, denn Andreas Scheibner war plötzlich erkrankt. Aber Jäpel hat sich eine umfangreiche und schwere Solopartie innerhalb eines Tages erarbeitet, daß nicht nur die Aufführung gerettet wurde. Er schaffte es sogar, nicht nur schlechthin zu singen, sondern auch noch zu gestalten - das war ein fliegender Teppich.

Hans-Christoph Rademann ist der dritte Dirigent, der das Werk in Dresden dirigiert hat, und er hat diese Aufgabe mit Glanz gelöst. "Axion esti" hört sich so einfach an, verlangt aber vom Dirigenten und den Chören äußerste Präzision. Es sind vor allem die rhythmisch gesprochenen Passagen, die die Umsetzung so schwer machen, aber die Singakademie und der Chor der TU haben prachtvolle Arbeit geleistet, so daß keinerlei Ungenauigkeit zu hören war. Die gesungenen Teile sind demgegenüber beinahe leicht, verlangen aber ein hohes Maß an Bereitschaft, sich der Atmosphäre zu stellen. Gerade die war aber bei Rademann vom ersten Moment an von handgreiflicher Dichte, sowohl in den zurückhaltenden Fundamentalakkorden, die einen Klangteppich schufen, wie auch bei den Teilen, in denen der Chor als kollektiver Solist unaufhaltsam vorwärtsdrängt. Das Reizvolle an dieser Aufführung war die Lückenlosigkeit, mit der die unterschiedlichsten Stilelemente - liturgischer Gesang, Rezitative, monumentale Klangpracht, volkstümliche Lieder und Tänze - miteinander verzahnt waren. Rademann hatte den Mut, das scheinbar Triviale dieser Musik ebenso ernsthaft abzuarbeiten wie das Raffinierte. Dadurch tauchte an keiner Stelle ein Bruch auf, vielmehr wuchsen die Extreme auf höherer Ebene zu beachtlicher Einheitlichkeit zusammen.

Erstmals sang ein Grieche die fünf Lieder des Oratoriums. Thanasis Zotos bot eine reizvolle Zwischenlösung zwischen deutscher und griechischer Singweise, bei der aber das kontrastierende rebetische Element etwas knapp bemessen war. Das Orchester der Landesbühnen, mit Rademann gut vertraut, hatte keine technisch schwierigen Aufgaben und bewältigte die ungewohnte Stilistik mit eigener Eleganz. Ein besonderer Reiz ging dort vom Orchester aus, wo der Klang durch Erik Kross am Sanduri eine spezifische Qualität erhielt. Absolute Stilsicherheit ging von der Zotos Companina aus, der vor allem die Liedbegleitung oblag. Vertraut, aber noch konzentrierter und karger als früher, sprach Friedrich-Wilhelm Junge die Rezitationen.

Beim Publikum im nahezu ausverkauften Kulturpalast könnte ein bißchen Nostalgie im Spiel gewesen sein. Die allein erklärt aber nicht die einhellige Zustimmung, die sich in zwei Zugaben niederschlug.

Peter Zacher



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